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     Ansprache 24:   Die Abwendung vom Irrealen

In der winterlichen Taiga
Der Priester Andrej    (Foto: Sherbaho)

Inhalt: Der Mensch hat dem Irrealen bewusst den Rücken zugekehrt ~ Die Fähigkeit zum kreativen Schaffen findet sich nur beim Menschen ~ Das Irreale und das Reale ~ Leben in der Irrealität ~ Leben in der Realität ~ Das Irreale in der Kunst ~ Der Traum ~ Krank oder normal? ~ Reisen in andere Welten ~ Das Wunderland der Kindheit ~ Abschied von der Phantasie ~ Geisteskrankheit

       Der Mensch hat dem Irrealen bewusst den Rücken zugekehrt

1. Das Irreale ... Was ist das Irreale?

2. Das menschliche Bewusstsein, das sich noch auf dem Niveau des Reiches der Gewalt befindet und dem Einfluss der wissenschaftlich-technischen Entwicklung verfallen ist, entwickelt sich immer mehr unter dem Einfluss des Realen.

3. Deshalb hängen in der heutigen Zeit die Denkweise und das Auffassungsvermögen des Menschen vollkommen von den realen Objekten und Erscheinungen ab.

4. Der Mensch hat dem Irrealen bewusst den Rücken zugekehrt und versucht, von ihm wegzukommen wie von einem unnützen Trödel.

5. Ist aber die Existenz des Realen ohne das Irreale möglich? Ist dieser Weg nicht eine Versuchung, die zum Abgrund führt?

       Die Fähigkeit zum kreativen Schaffen findet sich nur beim Menschen

6. Die Entwicklung der geistigen Welt des Menschen besteht nicht nur darin, die Errungenschaften auf dem Gebiet der Kunst kennen zu lernen, sondern auch die grundlegenden Möglichkeiten des Menschen zu entwickeln - in der Kunst bedeutet das: sich etwas vorzustellen, zu phantasieren, zu träumen.

7. Dabei entwickeln sich die Fähigkeiten zur unbegrenzten schöpferischen Arbeit.

8. Diese Fähigkeiten sind die wichtigsten im Wesen des Menschen, auf welche die Menschen leider mit Herablassung blicken,

9. Doch die sie nicht nur von der Tierwelt unterscheiden, sondern auch von allen möglichen außerirdischen Zivilisationen.

       Das Irreale und das Reale

10. Das Irreale ist genauso eine sinnlich aufnehmbare Erscheinung wie das Reale.

11. Es existiert Seite an Seite mit der Realität.

12. Weshalb ein Mensch, der nur das Reale kennen lernt, ein Auge und ein Ohr opfert.

13. Die Realität kann man nicht verändern,

14. Die Irrealität aber kann man unendlich abwandeln.

15. Diese Modifikation geschieht in direkter Abhängigkeit vom Entwicklungsniveau der Vorstellungskraft.

16. Das Wichtigste dabei ist, aus den unzähligen Variationen den einzig richtigen Weg zu finden.

       Leben in der Irrealität

17. Wenn ein Mensch nur vollkommen von der Irrealität beherrscht wird, so wird er für die anderen unverständlich,

18. Er wird von ihnen als krank bezeichnet.

19. Abhängig davon, welche irreale Welt den Menschen beherrscht, ist er entweder wild oder ruhig.

20. Doch diesen Menschen kann man nicht den wahrhaft Kranken gleichstellen, bei denen im Organismus offensichtlich böse Leiden wachsen, die zu schlechten Handlungen führen.

       Leben in der Realität

21. Eine gewaltige Menge Leute, die nur von der Realität beherrscht werden, ahnen nicht, dass sie zu den nicht weniger Unglücklichen gehören.

22. Sollten einige dieser Leute diese Tatsache begreifen, so werden die meisten von ihnen schnell ihre Meinung über ihre Abnormität korrigieren, indem sie sich umsehen und davon überzeugen, dass die weitaus größere Mehrheit genau solche Menschen wie sie sind.

23. Man muss sich immer vergegenwärtigen, dass ein gesunder Mensch, der sich zwischen vielen Kranken befindet, im Verhältnis zu ihnen als krank aufgefasst wird.

       Das Irreale in der Kunst

24. Dieser große Fehler, die Realität als das Wichtigste herauszuschälen und abzutrennen - hat selbst das Tor der Kunst durchschritten,

25. Wo das Urteil über die Harmonie eines Werkes, das nicht mit der bekannten Realität verbunden ist, in der Meinung gipfelt, dass die künstlerische Wahrhaftigkeit verloren gehe.

26. Oder mit anderen Worten: Das Kolorit sei unwirklich, nie gesehen, willkürlich.

27. Warum aber sollen die Farben die erkannte Realität schildern, und warum soll das alles sein?

28. Erkennbar ist doch auch jenes, was als irreal gilt.

29. Diese Erkenntnis hat neue, unendliche Horizonte der Schönheit geöffnet, die viele Menschen nicht erblicken.

       Der Traum

30. Ein einfaches, aber erstaunlich treffendes Beispiel der Einwirkung der Irrealität auf den Menschen ist sein Traum.

31. Der Traum zwingt den Menschen dazu, ein irreales Leben zu erleben.

32. Seine Gefühle aber reagieren in gleichem Maße auf ein Geschehen, das nur im Bewusstsein entsteht.

33. Die Menschen haben die Träume als gegenstandslos betrachtet, als völlig unabhängig von der Wirklichkeit.

34. Diese Träume wurden der Phantasterei gleichgestellt und Trugbilder genannt.

35. Trugbilder aber führen den Menschen scheinbar von der Welt der Wirklichkeit weg, machen sein Werk uninteressant und anstrengend.

       Krank oder normal?

36. Betrachtet die Geisteskranken und insbesondere jene, die zu den Menschen mit einem gestörten Bewusstsein gehören,

37. Bei denen ein Zustand existiert, wo der Mensch sich entweder in einem unbeweglichen Zustand befindet oder sich schweigend im Raum bewegt und dabei fähig ist, sein Leben in einer anderen Dimension, zu einer anderen Zeit und an einem ganz anderen Ende des Alls zu verbringen.

38. Der Mensch könnte sagen, dass er diesen Unsinn nicht brauche - weder im persönlichen Leben noch während der Arbeit,

39. Denn dieser könne ihn nicht ernähren, noch materiell bereichern.

40. Können solche und ähnliche Reden aber darüber befinden, ob ein Mensch wirklich normal ist?

       Reisen in andere Welten

41. Das Wesen jedes vernünftigen Menschen besteht darin, das Unbekannte erkennen zu wollen.

42. Doch der Weg zur Erkenntnis ist von zweierlei Art, und die Möglichkeiten der Menschen sind verschieden.

43. Der Mensch kann, wenn sein Bewusstsein noch nicht endgültig konserviert wurde, wünschen, einen unbekannten Planeten zu sehen oder auf ihm zu verbleiben, sich zeitlich in die Vergangenheit oder Zukunft zu bewegen, irgendein fremdes Leben zu leben und vieles, vieles mehr.

44. All das steht in der Macht des Menschen.

45. Doch da er sich mit der Zeit immer erwachsener fühlt, strebt er danach, diese "unseriösen" Wünsche immer seltener zuzulassen,

46. Da er nämlich befürchtet, einem Geistesgestörten zu ähneln.

       Das Wunderland der Kindheit

47. Viele Menschen möchten in ihre Kindheit zurückkehren. Doch einige nur, weil sie meinen, die Kinder wären sorglos;

48. Andere aber möchten die Umwelt so sehen und fühlen wie die Kinder.

49. Diejenigen, die die Kinder sorglos glauben, machen einen Fehler, denn Kinder sind auf ihre Weise sehr besorgt.

50. Doch die anderen benötigen das wirklich, denn Kinder sehen die Umwelt durch die Scheibe der herrlichen Fähigkeit, zu phantasieren.

       Abschied von der Phantasie

51. Mit der Zeit befreien sich die Menschen immer mehr von dem Wunsch, zu phantasieren.

52. Sie festigen immer mehr die Meinung, dass es besser sei an das zu glauben, was man mit den Händen berühren und im wachen Zustand sehen könne.

53. Mit dieser Absicht konserviert der Mensch aktiv weite Gebiete im Gehirn des Körpers,

54. Und lässt einen winzigen Teil übrig, der nur über die materielle Befriedigung der Persönlichkeit etwas weiß.

       Geisteskrankheit

55. Natürlich zählt die Gesellschaft Geistesgestörte zu den Menschen, die unfähig sind, einen Nutzen zu bringen.

56. Doch wenn man in die Tiefe dieser Leute blickt, kann man erkennen, dass so ein Kranker nur deshalb unnütz ist, weil er in einen Trugzustand verfällt, unabhängig von seinem Willen und für eine unbestimmte Zeit.

57. Dieser Zustand ist von seinem Bewusstsein nicht steuerbar,

58. Weshalb diesem Menschen keine verantwortliche Arbeit in der Gesellschaft anvertraut werden kann.

59. Und er kann selbst sein Leben nicht aufrechterhalten, ohne eine gebührende Pflege.

60. Anders bei einem gesunden Menschen, der dann und für eben solch eine Zeitspanne in einen Traumzustand eintreten sollte, wie es der betreffenden Lage entspricht.

61. So erkennt denn würdig euer wahres Wesen -

62. Das großartige Talent, das euch euer Vater gegeben hat!

Amen.              

 

 

 

 

 

 

 

 

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