22.08.2016
- Der morgendliche psycholoische Kaffee |
01. „Beim Überfliegen verschiedener Nachrichtenkanäle fiel mir eine vergleichende Nuance auf. 02.
In den letzten Tagen, beginnend am 18. August, geht in der russischen
Gesellschaft eine turnusmäßige, aber dennoch denkwürdige Aufregung vor
sich, die die traditionelle Prozession zum Gedenken an ein einst
geschehenes Ereignis, den sogenannten Putsch, betrifft. 03. Und
heute bin ich auch noch auf Erinnerungen eines sehr guten Menschen
gestoßen, Wladimir Posner, der seine nicht einfachen Erlebnisse zu
dieser Zeit beschrieb. 04. Und nun wurde dies ein gefühlsmäßiger
Anlass, denn ich wünschte, mit euch ein wenig einige gefühlsmäßige
Erinnerungen zu teilen, um so mehr, als sie eine eigenartige Färbung
tragen. 05. Als ich neulich zu unserem Treffen aufbrach, vernahm ich
seitens Wadim unerwartet die Bemerkung, dass bereits, wie sich zeigte,
25 Jahre seit der Zeit vergangen sind, wo ich zum ersten Mal mit dem
Wort außerhalb der Stadt, in der ich lebte, in die Öffentlichkeit trat.
Was ist doch alles geschehen. 06. Ich erinnere mich, als wir uns zu
unserem ersten 18. August-Treffen aufmachten, ging das bestellte Auto
auf einmal kaputt und muste eilig zur Reparatur gegeben werden, damit
man mit ihm vom Treffen zurückfahren konnte. Als wir auf die Straße
gingen, trafen wir auf ein Auto, dessen Fahrer uns von sich aus
mitnehmen wollte. 07. Dann, als wir mit diesem Auto fuhren, fiel
meine Aufmerksamkeit darauf, dass in diesem Auto unter dem Rückspiegel
ein Kruzifix hing. 08. Und nach dem ersten stattgefundenen, guten
Treffen mit von Interesse bekundenden Dorfmenschen fuhren wir mit dem
vorher bestellten Auto zurück, wo unter dem Rückspiegel ein dekoratives
kleines menschliches Skelett hing. 09. Und da dachte ich, dass jetzt
eine Epoche begann, deren Anfang das Symbol der Erlösung markiert und
das Symbol einer nachfolgenden Tragödie! 10. Und schon die nächsten
Tage haben uns mit Neuigkeiten bereichert, dass in der Nacht vom 18.
auf den 19. eine wendepunktmäßige gewaltige Regierungserschütterung vor
sich ging! 11. Das Charakteristischste, worauf einst meine
Aufmerksamkeit gelenkt wurde, war, dass ich, während ich in dieser
Periode der sogenannten waghalsigen 90er Jahre lebte, mich sozusagen in
einer Art Parallelwelt befand. Oder doch, genauer ausgedrückt, dass all
diese unkontrollierbaren besonderen Ereignisse in der Gesellschaft
vorüberzogen,so, wie in irgend einer anderen Dimension. 12. Ich
wurde darauf aufmerksam, als ich einmal einen Spielfilm mit einer
Demonstration wilder Zügellosigkeit sah, so, wie sie in der
Gesellschaft der 90er Jahre vorkamen. Und ich betrachtete das wirklich
als eine Art Bühnenphantasie. 13. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, dass das alles in einem gewaltigen und vielfältigen Ausmaß um mich herum geschah. 14.
All diese 90er Jahre und noch ein paar der 2000er waren mein Leben und
meine Tätigkeit ständig mit Menschen verbunden, die von erhabenen
Gefühlen durchdrungen waren, die in der Regel Augen mit leuchtendem
inneren, wohligen Licht von unterschiedlichem Sättigungsgrad besaßen
und brennende Herzen mit dem Bedürfnis, die Wahrheit zu suchen. Und auf
die andere Welt richtete sich meine Aufmerksamkeit nur kurz während der
Flüge und Fahrten von einer Gruppe von Menschen mit solch schönen Augen
zu einer anderen an irgend einem Ort in Russland oder in vielen anderen
Ländern. 15. So einen Umstand konnte man schon damals wirklich als
zwei verschiedene Welten mit ausreichend großem psychologischen
Unterschied bezeichnen – die eine Welt geformt durch das Wort der
Wahrheit und die gleichsam gesamte übrige Welt. Und dieser Unterschied
vergrößert und beschleunigt sich immer noch weiter. 16. Aber die
Menschen, wie sie auch immer sein mögen, tragen unvermeidlich das
Siegel der Hoffnung in sich. Solange sie leben, verfügen sie eindeutig
über die , wenn auch noch winzige, aber dennoch vorhandene Fähigkeit,
für jemanden nützlich zu sein, was sie in die Richtung zur normalen
Vervollkommnung voranbringen kann. 17. Nun, bei dieser Aussage will ich erst einmal anhalten. 18.
Mir scheint, als habe ich bereits dieses kleine Gefühlsgeplätscher
ausgedrückt, welches ich aus irgend einem Grunde heute morgen mit euch
zu teilen wünschte.“
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